- Architekt-schweiz -

Alexander von Senger

Schweizer Architekt und Architekturtheoretiker

Hugues Rodolphe Alexandre von Senger, ältester Sohn des Genfer Komponisten Hugo de Senger, nach dem die Strasse Rue Hugo-De-Senger in Genf benannt ist, wurde in Genf geboren. Das Collège Calvin schloss er mit einer humanistischen und einer technischen Maturität ab. Danach studierte er an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich, wo er im Jahr 1904 als Schüler des Schweizer Professors Prof. Gustav Gull (geb. in Altstetten 1858, gest.1942) das Architektendiplom erwarb.

A. von Senger, Architekt B.S.A, Klubhaus 'Union et progrès' / Damaskus

A. von Senger, Architekt B.S.A, Klubhaus 'Union et progrès' / Damaskus

A. von Senger, Architekt B.S.A, Avenue Djemal Pascha / Damaskus

A. von Senger, Architekt B.S.A, Avenue Djemal Pascha / Damaskus

Bahnhof St. Gallen, Mai 2020

Bahnhof St. Gallen, Mai 2020

Bahnhof St. Gallen, Mai 2020

Vielversprechende Anfänge

Nach einem Praktikum im Ausland liess er sich als selbständiger Architekt in Zürich nieder. Zusammen mit Richard Kuder legte er 1907 einen Entwurf beim Wettbewerb für Postgebäude, Hauptbahnhof und Verwaltungsgebäude der SBB in St. Gallen vor und wurde in der Folge mit der weiteren Planung der Bahnhofsbauten betraut. Die Ausführung geschah 1911-13 ohne Kuder.

Nach einem Praktikum im Ausland liess er sich als selbständiger Architekt in Zürich nieder. Zusammen mit Richard Kuder legte er 1907 einen Entwurf beim Wettbewerb für Postgebäude, Hauptbahnhof und Verwaltungsgebäude der SBB in St. Gallen vor und wurde in der Folge mit der weiteren Planung der Bahnhofsbauten betraut. Die Ausführung geschah 1911-13 ohne Kuder.

Bahnhof St. Gallen, Mai 2020

Bahnhof St. Gallen, Mai 2020

Gustav Gull (1858–1942)

Professor für Architektur am Eidgenössischen Polytechnikum

Gustav Gull (1858–1942)  Professor für Architektur am Eidgenössischen Polytechnikum

Historische Gebäude 

1911 wurde von Senger mit der Errichtung des Hauptgebäudes der Schweizerischen Rückversicherungs-Gesellschaft in Zürich beauftragt. Es wurde 1914 fertig gestellt und steht heute unter Denkmalschutz. Sowohl beim Bahnhof der SBB in St. Gallen als auch beim Hauptgebäude der Schweizerischen Rückversicherungsgesellschaft in Zürich setzte von Senger um, was er an der ETH in Zürich bei Prof. Gull gelernt hatte, der nach seiner Berufung als Architekturprofessor an die ETH im Jahr 1900 einen grossen Einfluss auf die architektonische Entwicklung der Stadt Zürich ausübte.

Mehr darüber erfahren

Fotographie des Hauptgebäudes der Schweizerischen Rückversicherungs-Gesellschaft, Zürich

Fotographie des Hauptgebäudes der Schweizerischen Rückversicherungs-Gesellschaft, Zürich

A. von Senger, Architekt B.S.A, Residenz des Gouverneurs / Jerusalem
A. von Senger, Architekt B.S.A, Regierungsgebäude / Aleppo

A. von Senger, Architekt B.S.A, Residenz des Gouverneurs / Jerusalem A. von Senger, Architekt B.S.A, Regierungsgebäude / Aleppo

Orientalische Bauten

Die türkischen Pläne von 24 Staats- und Monumentalbauten, darunter in Jerusalem, bilden eine Besonderheit von Alexander von Sengers Schaffen.

Die nachstehende Veröffentlichung eines Teiles meiner Projekte orientalischer Bauten wurde bereits im Juli 1925 vom »Werk« beschlossen.

Der Auftrag zu diesen Arbeiten wurde mir laut Vertrag vom 23. November 1916 von Prof. M. Zürcher erteilt.
Mein Auftraggeber starb im Juli 1926 und es erschien darauf in Nr. 290 (145 B) des Jahrganges 1926 der »Hamburger Nachrichten« ein Nekrolog M. Zürchers, in welchem folgender überraschende Passus vorkommt :

»In die Zeitungen Kam sein Name nie; so haben wir heute eine Ehrenschuld abzutragen an einem, der ein Künstler war von Gottes Gnaden und dazu ein deutscher Patriot...
...da kam der Krieg, mit ihm die Beschlagnahme.
Nun beginnt ein Zwischenspiel in dem Lebensdrama Max Zürchers, aber eins von gewaltigen Ausmassen. Er war zunächst kurze Zeit in Berlin Gast seines Freundes und Auftraggebers; dann ging er, gestützt auf dessen enge geschäftliche Beziehungen, nach der Türkei. Hier eröffnete sich ihm sehr bald ein gewaltiges Feld der Betätigung, nicht nur durch sein auch auf diesem neuen Gebiet sofort sicheres Können, sondern auch durch seine Persönlichkeit, seinen Takt.

Résidence militaire / Rathaus / Grand Café / Justizpalast / Post, Telegraph / Moschee / Klubhaus
Malon-Hanna / Ralechanf / Deutsches Konsulat / Grand Hôtel / Banque Ottomane

Résidence militaire / Rathaus / Grand Café / Justizpalast / Post, Telegraph / Moschee / Klubhaus  Malon-Hanna / Ralechanf / Deutsches Konsulat / Grand Hôtel / Banque Ottomane

Ehrgeizige Projekte

Djemal Pascha, der edle Araber, wurde sein Freund und Bauherr; ich denke an eine Reihe in schweres Leder gebundener Grossfoliobände mit Zürcher Entwürfen für Damaskus, Jerusalem, Beirut, Aleppo, Stambul: Banken, Regierungspaläste, Bäder, Cafés, öffentliche Gärten. Ein Blatt schöner, verführerischer als das andere, alle mit untadelhaft sicherer Hand gezeichnet, Träume Harun al Raschids oder der Hohenstaufen auf Sizilien ! Einiges, wie der märchenhafte Sommerpalast Djemals über dem Meere bei Beirut (heute »redidier« dort der Haut Commissaire de Jouvenel) ist ausgeführt worden; anderes, besonders in Damaskus, ist der Kanonade der Franzosen zum Opfer gefallen, das meiste blieb Projekt.
Aber auch die neue Türkei blieb ihm treu; noch in den letzten Wochen, während er schon den Tod vor Augen hatte, brachte ihm der türkische Botschafter eine persönliche Einladung Kemals, und er hätte sie wohl, angewidert von den römischen Erfahrungen, angenommen. Es sollte nicht mehr sein!«

Aus diesen Auslassungen ist klar ersichtlich, dass sich Prof. Max Zürcher als der Urheber der von mir in seinem Auftrage verfassten Entwürfe ausgegeben hat. Es ist somit angebracht, den Sachverhalt folgendermassen richtigzustellen :
Prof. Max Zürcher gab mir den Auftrag, folgende Bauten zu entwerfen :
Für Damaskus:

1. Klubhaus Union et Progrès
2. Stadthaus
3. Grand Hotel
4. Alter öffentlicher Garten
5. Post und Telegraph
6. Bad und Grand Café
7. Justizpalast
8. Banque Ottomane
9. Grosser öffentlicher Garten
10. Militärresidenz
11. Gesamtansicht der Avenue
Djemal Pascha
Für Jerusalem:

12. Residenz des Gouverneurs
13. Bazar Birket
14. Rathaus und Post
15. Öffentlicher Garten
16. Café Damaskustor

Für Aleppo:

17. Öffentliches Bad
18. Regierungsgebäude
19. Stadthaus
20. Öffentlicher Garten
Für Beirut:

21. Schloss Rocher Djemal Pascha
22. Treppenterrasse
23. Post- und Telegraphengebäude

Für Konstantinopel:

24. Jardin Seras-Kerat
Diese Arbeiten erforderten die Anfertigung von 130 Plänen, Maßstab : 200, Blattgrösse 70 X 100 cm, davon 24 Perspektiven. Die Grundrisse und Schnitte wurden unter meiner Leitung von meinem Personal Hergestellt. Die Fassaden und Perspektiven wurden von mir selbst gezeichnet.

Die am 11.November 1916 begonnene Arbeit wurde am 6. März 1917 vollendet.

Die Dürftigkeit der vom Auftraggeber gelieferten Unterlagen, sowie die Schwierigkeit, im Gegensatz zum rein arabischen Stile, das charakteristisch Türkische hervorzuheben, machten die Aufgabe besonders schwierig. Zu dieser Zeit gab es noch keine kunsthistorischen Arbeiten über türkische Architektur und ich musste mich mit den Notizen des Baedeker, mit Photographieren und Postkarten als Unterlagen, für die architektonische Gestaltung begnügen.

Als ich zur Veröffentlichung meiner Arbeiten schreiten wollte, wurden mir von seiten Prof. M. Zürchers Hindernisse in den Weg gelegt:

Est kam zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung, die mit dem Vergleich vom 3. November 1919 endigte. Dieser Vergleich gesteht mir das Recht zu, alle meine Pläne unter folgender Bezeichnung zu veröffentlichen:

«Orientalische Bauten, Architekt Alexander von Senger. Auftraggeber Prof. M. Zürcher.»

Die hier abgebildeten Projekte bilden somit bloss einen Teil der von mir entworfenen Bauten.

A. v. Senger.

Fortsetzung und Ende der Karriere

Als Herausgeber der „Schweizer Konkurrenzen“, als Verwaltungsrat des offiziellen Organs des „Bundes Schweizer Architekten“, als Vorstandsmitglied des „Schweizerischen Heimatschutzes“ Aargau, als Mitarbeiter der „Archives Héraldiques Suisses“ und der Zürcher Zeitschrift „Wissen und Leben“ war von Senger auch kulturell und schriftstellerisch tätig.

Als Le Corbusier Einfluss auszuüben begann, eröffnete Alexander von Senger als erster in der Schweiz die Diskussion über das „Neue Bauen“ durch zwei in französischer Sprache verfasste Leitartikel in der Suisse Libérale (Neuchâtel), und zwar in den Ausgaben vom 16.1.1928 sowie 17.1.1928, jeweils S. 1. Der von ihm gewählte sachliche Titel „La crise dans l’architecture“ wurde von der Redaktion ohne sein Wissen mit dem Zusatz „Le Corbusier bolchéwiste, un nouveau danger pour la civilisation“ versehen. Weitere Artikel mit dem Titel „La crise de l’architecture“ erschienen in derselben Zeitung am 3.und 4. April 1928 jeweils auf der ersten Seite. Die Ausarbeitung dieser Artikel führte zur Herausgabe der Bücher Krisis der Architektur (Zürich 1928), Die Brandfackel Moskaus (Zurzach 1931) und Le cheval de Troie du bolchévisme (Bienne 1931). Le Corbusier setzte sich mit den Angriffen von Sengers, die ihm unter anderen bei einem in der Vichy-Ära geplanten Megabauprojekt in Algier in die Quere kamen, in An die Studenten – Die ‚Charte d’Athènes (Reinbeck bei Hamburg, 1962), S. 46-49, auseinander. Auf Le Corbusiers Anklage reagierte von Senger in Mord an Apollo (Zürich 1964), S. 66-68. In Deutschland publizierte von Senger keine Bücher.

A. von Senger zu Beginn der Dreissigerjahre

A. von Senger zu Beginn der Dreissigerjahre
In den 1930er Jahren wirkte von Senger als Dozent an der Technischen Hochschule in München und wurde zum ordentlichen Professor ernannt. Sein viersemestriges Kolleg über „Baugestaltung in der Geschichte“ war die wichtigste seiner Vorlesungen. Als er es ablehnte, einen öffentlichen Vortrag zum Lob der „Führerbauten“ zu halten, deren neoklassizistischer Stil und Monumentalität ihm missfielen, wurde seine vorzeitige Emeritierung eingeleitet. Während seiner Lehrtätigkeit in Deutschland konnte er nicht einen einzigen Bau ausführen. Er war nie Mitglied irgendeiner politischen Partei. 1945 erreichte er als 65jähriger das Pensionsalter und kehrte in die Schweiz zurück. Seither befasste er sich mit wissenschaftlichen Arbeiten. Bis an sein Lebensende erhielt Prof. von Senger eine deutsche Beamtenpension.

Fotogalerie

Share by: